WEIHNACHTEN
"Herr, ich bitte nicht um Wunder und Visionen,
sondern um Kraft für den Alltag.
Mach' mich erfinderisch,
damit ich mich im täglichen Vielerlei nicht verliere.
Lass mich die Zeit richtig einteilen und mich herausfinden,
was erst- und was zweitrangig ist.
Ich bitte um Zucht und Mass,
dass ich nicht durch das Leben rutsche
und auf Lichtblicke und Höhepunkte achte,
sowie mir Zeit für Besinnung, Erholung und
kulturellen Genuss nehme.
Träume helfen nicht weiter,
weder über die Vergangenheit, noch über die Zukunft.
Hilf mir, das Nächste so gut wie möglich zu tun.
Schenke mir die nüchterne Erkenntnis,
dass im Leben nicht alles glatt gehen kann,
dass Schwierigkeiten und Niederlagen,
Misserfolge und Rückschläge
eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind,
durch die wir wachsen und reifen.
Schick mir im rechten Augenblick jemand,
der den Mut hat, mir die Wahrheit in Liebe zu sagen.
Viele Probleme lösen sich dadurch, dass man nichts tut.
Gib, dass ich warten kann.
Schenke mir wahre Freunde
und lass mich diese Freundschaft wie eine zarte Pflanze pflegen.
Mach aus mir einen Menschen,
der einem Schiff mit Tiefgang gleicht,
um auch die zu erreichen, die ‚unten‘ sind.
Bewahre mich vor der Angst,
ich könnte das Leben versäumen.
Gib mir nicht, was ich wünsche, sondern das, was ich brauche.
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte.
Amen."
Antoine de Saint Exupéry
WEIHNACHTEN - diesmal gelassener?
Bald ist Weihnachten. Ein Fest der Freude und Liebe. Gleichwohl kommt es in vielen Familien zu Streitereien oder traurigen Stimmungen, weil viele durch die stressigen Zeiten vor dem eigentlichen Fest bereits genervt sind, alte Konflikte gerade an Weihnachten aufbrechen, weil Trauer oder Verbitterung die Oberhand gewinnen.
Manche Menschen haben regelrecht Angst vor Weihnachten und haben Weihnachtsfeste erlebt, die alles andere als friedlich waren. Oft haben Sie sich viel Mühe mit der Vorbereitung gemacht, viel Stress im Beruf und mit der Geschenkeauswahl, mit den geschäftlichen Jahresabschlüssen, den Vorbereitungen für die Festtage verbracht, sie wollten es allen recht machen und trotzdem endete es mit Gefühlen von Enttäuschung und Verbitterung.
Die Folge: hochgestresste Menschen versammeln sich um den noch eilig besorgten Weihnachtsbaum und wollen quasi wie auf Knopfdruck gelassen und zufrieden sein.
Warum erwischen uns die Emotionen gerade an Weihnachten mit aller Macht?
Unsere romantischen Erwartungen sind groß: das Kaminfeuer prasselt, die Lieben ums uns herum, alle sind friedlich und freuen sich an Ihren Geschenken. Alle sind erfüllt von Liebe und Geborgenheit. Wenn es anders wird, weicht den schönen Vorstellungen die bittere Realität: wir geben uns selbst die Schuld, machen unseren Angehörigen Vorwürfe.
Durch die meist hektischen Weihnachtsvorbereitungen sind wir bereits in einem „aufgeladenen“ Zustand, der sich an Weihnachten durch Kleinigkeiten Luft macht. Das Weihnachtsfest ist dann eher die Krönung von Stress und Überlastung. Kleinste Zweifel an unserem Tun führen bereits zur Explosion und tiefen Enttäuschung über die, die den eigenen Einsatz so gar nicht würdigen wollen.
Die verwandtschaftlichen Pflichttermine ärgern uns manchmal und doch arrangieren wir sie weiterhin „es muss halt sein“. Gerne machen sich uralte Konkurrenzen, Streitpunkte wieder bemerkbar, die volle Familienladung mit der Eintrittskarte zum 2-Stunden-Plötzlich-Glücklichsein-Weihnachtsfest.
Wir tun und machen und jeder soll doch sehen und schmecken, wie sehr wir uns bemüht haben. Und dann fehlt sie – die Bewunderung, Freude, Dankbarkeit, Anerkennung. Das kann wehtun.
Gerade an Weihnachten, wenn ab Heiligabend die Welt für eine Weile zu ruhen scheint, wird es einsam. Alte Erinnerungen, Wünsche, Träume finden Raum und können wehtun, wenn sie weit weg und die Zeiten anders sind. Unsere Seele fängt an, zu schreien.
Gründe genug, um sich mit ergänzenden Gedanken zu beschäftigen.
- Weihnachten ist ein christliches Fest und wir feiern die Freude über die Geburt von Jesus Christus. Der nachfolgende Brief von Dietrich Bonhoeffer mag uns demütig und dankbar stimmen über das, was wir feiern und welche Freude wir erleben können – trotzdem.
- Lassen Sie sich Luft und planen Sie alles so, dass am Heilig Abend nur DRINGLICHES zu erledigen ist. Das Meiste kann bereits vorher fertig sein. Das entlastet sehr und lässt Ihnen die Muße, sich auf das Weihnachtsfest langsam einzustimmen. Wenn niemand bereit ist, zu helfen, passen Sie Ihr eigenes Engagement an anstatt noch mehr zu übernehmen.
- Schreiben Sie sich selbst einen Brief, wenn Sie einsam sind, wenn Sie Gedanken an früher quälen. Beschreiben Sie das, was Ihnen wehtut, was Sie vermissen. Schreiben Sie auch, was Sie sich wünschen und wie Sie vorhaben, Ihren Wunsch anzugehen. Schreiben Sie in dem Brief auch, was Sie Gutes erlebt haben in den vergangenen Wochen, welche Menschen für Sie da waren, für wen Sie da waren. Richten Sie Ihr Augenmerk auf das, was jetzt ist. Und rufen Sie einen Menschen an, von dem Sie wissen, dass er sich über Ihren Anruf oder Besuch freut.
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Nicht jede Tradition muss als solche genauso wie immer fortgeführt werden. Eigene Vorstellungen dürfen auch ihren Raum
haben.
- Festtage mit ausreichend Freiraum gestalten. Akzeptieren Sie, wer nicht zum Fest erscheinen möchte oder erlauben Sie sich auch selbst, nicht dorthin zu gehen, wo Sie „sonst immer“ waren. Was ist hilfreich für Sie, damit es Ihnen gut geht? Wo und mit wem fühlen Sie sich wohl?
- Wenn sich Angehörige oder Freunde nicht vertragen, laden Sie eher getrennt ein. Das erspart Ihnen unangenehme Gefühle.
- Weihnachten ist kein Fest für Grundsatzdiskussionen: vermeiden Sie ernstere Angelegenheiten in die Festtage hineinzubringen. Wenn es sich doch nicht vermeiden lässt, erlauben Sie sich selbst und anderen einen ausreichenden Toleranzkreis: „Ich sehe das so. Wenn Du das anders siehst, ist das auch o.k. gleichwohl ich es anders sehe.“
- Planen Sie doch hier und da eine Aktivität ein: Spazieren gehen, Spielen, Ratespiele, Besichtigungen – gemeinsames Erleben ist angenehmer als gemeinsames Schweigen. Und wer sich zwischendurch mal kurz „abseilen“ möchte: auch kein Problem. Freiraum tut gut zwischendurch.
Weihnachtsbrief von Dietrich Bonhoeffer
Dietrich Bonhoeffer schreibt aus dem NS-Gefängnis an seine Eltern:
17. Dezember 1943, Liebe Eltern!
Es bleibt mir wohl nichts übrig, als Euch für alle Fälle schon einen Weihnachtsbrief zu schreiben. Ich brauche Euch nicht zu sagen, wie groß meine Sehnsucht nach Freiheit und nach Euch allen ist. Aber Ihr habt uns durch Jahrzehnte hindurch so unvergleichlich schöne Weihnachten bereitet, dass die dankbare Erinnerung daran stark genug ist, um auch ein dunkleres Weihnachten zu überstrahlen.
In solcher Zeit erweist es sich eigentlich erst, was es bedeutet, eine Vergangenheit und ein inneres Erbe zu besitzen, das von dem Wandel der Zeiten und Zufälle unabhängig ist. Das Bewusstsein von einer geistigen Überlieferung, die durch die Jahrhunderte reicht, getragen zu sein, gibt einem das sichere Gefühl der Geborgenheit.
Vom Christlichen her gesehen kann ein Weihnachten in der Gefängniszelle ja kein besonderes Problem sein. Wahrscheinlich wird in diesem Hause hier von vielen ein sinnvolleres und echteres Weihnachten gefeiert werden als dort, wo man nur noch den Namen dieses Festes hat.
Dass Elend, Leid, Armut, Einsamkeit, Hilflosigkeit und Schuld vor den Augen Gottes etwas ganz anderes bedeuten als im Urteil der Menschen, dass Christus im Stall geboren wurde, weil er sonst keinen Raum in der Herberge fand, - das begreift ein Gefangener besser als ein anderer, und das ist für ihn eine wirklich frohe Botschaft.
D. Bonhoeffer war ein lutherischer Theologe, ein bekannter Vertreter der Bekennenden Kirche und im deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus involviert. Er wurde am 9.5.1945 im KZ Flossenbürg hingerichtet.
Foto: Dietrich Bonhoeffer (Bild: Bundesarchiv Bild 146-1987-074-16, Dietrich Bonhoeffer.jpg; en.wikipedia.org)
Ein Weihnachtslied zum Inwendiglernen
Tocher Zion Tochter Zion, freue dich!
Jauchze laut, Jerusalem!
Sieh, dein König kommt zu dir!
Ja, er kommt, der Friedensfürst.
Tochter Zion, freue dich! Jauchze laut, Jerusalem!
Hosianna, Davids Sohn, sei gesegnet deinem Volk!
4 Fragen zum Jahresende
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